Ordnung ist angreifbar, Vorhersehbarkeit ein Risiko: Warum Chaos die einzige wahre Verteidigung gegen Cyberangriffe ist
Alle reden von Ordnung. Firewalls, Policies, Compliance-Checklisten, Frameworks mit mehr Komponenten als ein Schachbrett Felder hat – alles schön ordentlich in Excel getaktet. Und doch: jeden Tag fliegt irgendein deutscher Mittelständler aus der Kurve, weil irgendein Scriptkiddie in Osteuropa besser mit Copy & Paste umgehen kann als der hiesige „CISO“ mit seiner Gartner-Grafik. Die bittere Wahrheit: Ordnung ist hackbar. Vorhersehbarkeit ist ein Einfallstor. Je klarer deine Verteidigung aufgebaut ist, desto einfacher ist sie zu kartografieren, zu simulieren, zu durchbrechen. Ordnung ist Komfort – aber nur für den Angreifer.
Chaos als Waffe – klingt nach Anarchie? Genau!
Stell dir ein System vor, das nicht stabil und berechenbar ist, sondern nervös, flatterhaft, wie ein schlecht gelaunter Teenager auf Koffein. Speicherorte wechseln zufällig. Ports springen wie Flöhe. Prozessstrukturen sind nie zweimal gleich. Entropie-Injektion nennt man das.
Das Ergebnis? Angreifer können nichts mehr „lernen“. Jede Sekunde sieht das Zielsystem anders aus. Was gestern funktioniert hat, ist heute Müll. Was heute wie ein Hintertürchen aussieht, ist morgen nur noch ein schwarzes Loch.
Die Lüge der „intelligenten“ Abwehr
Natürlich wird jetzt jemand mit streng gefalteten Händen auf einem Podium erzählen: „Aber wir haben doch KI für die Erkennung!“ Schön. Eine KI, die auf Vorhersehbarkeit trainiert ist, schützt dich vor gestern. Währenddessen bastelt ein 17-Jähriger in seinem Keller ein adversarial sample, das dein Milliarden-KI-System wie ein braves Hündchen austrickst.
Entropie dreht das Spiel um. Nicht der Angreifer zwingt dein System zur Anpassung – dein System zwingt den Angreifer ins Leere.
„Aber Chaos ist doch unpraktisch!“
Ja, genau. Cybersecurity war noch nie bequem. Natürlich ist Entropie nervig. Natürlich kostet es Performance. Natürlich schreien deine Admins, wenn sich Logs plötzlich in unvorhersehbaren Strukturen auftürmen.
Aber hier die Gegenfrage: Was kostet mehr – ein bisschen IT-Chaos oder der Moment, wenn deine Produktion stillsteht, weil Ransomware deinen Produktionsserver in Geiselhaft nimmt?
Deutschland, die Ordnungshölle
Kein Land liebt Ordnung so sehr wie Deutschland. DIN-Normen für die DIN-Normen. Prozesshandbücher, die länger sind als die Bibel. Cyberabwehr als Verwaltungsakt. Und genau das macht uns so lächerlich verwundbar.
Wir versuchen, die digitale Welt mit denselben Methoden zu schützen, mit denen wir eine Straßenlaterne installieren. Ordnung, Vorschrift, Wiederholbarkeit. Für Hacker ist das ein Kindergeburtstag.
Chaos ist die neue Kryptografie
Kryptografie basiert auf Mathematik und Geheimnissen. Entropie-basierte Abwehr basiert auf etwas viel Unangenehmerem: Unvorhersehbarkeit. Ein Schlüssel ist irgendwann knackbar. Ein System, das sich ständig selbst neu erfindet, nicht.
Das fühlt sich instinktiv falsch an, weil wir Menschen Ordnung lieben. Aber genau deswegen ist es so richtig.
Die Pointe
Solange wir Sicherheit mit Ordnung verwechseln, bleiben wir ein Spielball. Wer aber Entropie injiziert, baut Systeme, die so verdammt unberechenbar sind, dass selbst ein Quantencomputer nur noch ratlos die Schultern zuckt.
Oder einfacher gesagt: Chaos schützt. Ordnung tötet.
Cyberversicherungen: Sicherheit nach Vorschrift – oder nach Hackers Gusto?
Und dann wären da noch die Cyberversicherungen. Diese noble Branche, die dir mit strenger Miene einen Ordner voller Vorgaben auf den Tisch knallt: Passwort-Policy hier, Firewall-Regel da, Backup alle zwei Wochen, am besten noch in Papierform. Alles fein säuberlich nach Checkliste, alles gleich, alles standardisiert.
Das Problem: Wenn alle Unternehmen dasselbe Regelwerk erfüllen müssen, weiß auch der Angreifer exakt, welche Lücken übrigbleiben. Cyberversicherungen zwingen Firmen in dieselbe Verteidigungshaltung – wie Soldaten, die im Gleichschritt marschieren. Und wer im Gleichschritt läuft, ist vorhersehbar. Vorhersehbarkeit aber ist der feuchte Traum jedes Hackers.
Noch pikanter: Viele dieser Vorgaben zementieren genau das, was Sicherheit schwach macht – Ordnung, Berechenbarkeit, Standardisierung. Du glaubst, du bist sicher, weil du einen Haken im Formular gesetzt hast. In Wirklichkeit bist du nur ein standardisiertes Ziel in einer Welt, in der Angreifer nichts so sehr lieben wie Standards.
Cyberversicherungen verkaufen dir also nicht Schutz, sondern eine Anleitung, wie Hacker dich am effizientesten finden.
Das erwartet dich im nächsten Artikel: „Cyberversicherungen – die Planierraupen der Verwundbarkeit“ Abonniere unsere Cyber-News damit du diesen Artikel nicht verpasst:
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