Du musst dein Gesicht nicht per Face-ID scannen! Tipps und Ratschläge gegen die Datensammelwut

Endlich Wochenende! Du bist Zuhause! Allein! Mit deinem heißgeliebten Smartphone, Tablet oder Laptop machst du es dir auf dem Sofa gemütlich. In der irrigen Annahme, endlich einmal wieder nur für dich zu sein, suchst du via Google in diversen Shops nach den blau-weiß-getigerten Thermo-Unterhosen sowie nach anderen peinlichen Bekleidungsstücken, weil: Sieht ja keiner!

Es gibt viele Apps, Dienste und Plattformen, die dich auf Schritt und Tritt verfolgen, wissen wo du bist, was du machst, was dir gefällt, was du dir gerade anschaust und was du bestellst. Dein Nutzerverhalten wird unbemerkt und unsichtbar von nahezu jeder aktiven App, jedem Dienst, jeder Plattform ununterbrochen gesammelt, ausgewertet, verarbeitet und auch verkauft.

Natürlich haben diese Apps auch Zugriff auf deine persönlichen Daten, deine Kontakte und so manch ein verborgen geglaubtes Geheimnis. Und so gehörst auch du vermutlich zu der Personengruppe, die sich nie die Datenschutzbestimmungen und Zugriffsberechtigungen vor dem Installieren einer App anschaut und studiert, weil du ja nichts zu verbergen hast.

Wir leben in einem Zeitalter der freiwilligen Überwachung

Mag sein, dass freiwillige Überwachung in diesem Zusammenhang ein bisschen nach Orwell klingt, im Grunde genommen ist es aber eher wie Netflix: bequem, gut designt und du hast jederzeit die Wahl – theoretisch zumindest.

Denn: Du musst ja nichts mitmachen.
Du musst dein Gesicht nicht per Face-ID scannen.
Du musst der neuen App nicht erlauben, „nur während der Nutzung“ auf deinen Standort zuzugreifen.
Du musst keine Bonuskarte zeigen, keinen Cookies akzeptieren, keine Treuepunkte sammeln, kein Gewinnspiel ausfüllen.

Aber – du willst es!
Denn es ist so schön praktisch.
Weil es schnell geht. Weil alle es tun.
Weil niemand mehr Zeit hat, AGBs zu lesen oder auf „Einstellungen anzeigen“ zu klicken, nur um herauszufinden, dass die „Partnerunternehmen“ alle Unternehmen sind, die das Internet je gesehen hat.

Freiwillige Überwachung heißt nicht, dass du gezwungen wirst. Freiwillige Überwachung heißt, dass du freundlich gefragt wirst und spätestens beim zweiten Pop-up reflexartig auf „Ja, akzeptieren“ klickst, weil das genau dort ist, wo der „Später erinnern“-Button bei Netflix sitzt.

Du bist nicht das Opfer, du bist der Komplize!

Nicht weil du dumm bist, sondern weil das System genau darauf ausgelegt ist:
Auf Bequemlichkeit. Auf Speed. Auf „Du hast doch nichts zu verbergen, oder?“

Und genau darum geht es in unserer Serie „#TotalÜberwachtAberHappy – Wie wir freiwillig zur Ware werden“
Es geht um die großen und kleinen Momente, in denen wir uns bereitwillig digital entblößen – für Likes, Lieferzeiten, Loyalty-Punkte und Lifestyle-Versprechen.

Wir begleiten dich dorthin, wo’s weh tut: hinter die Filter, hinter die Opt-ins, hinter das süße Gefühl von digitaler Kontrolle. Wir nehmen dabei ein gigantisches Ökosystem aus Werbe- und Datenhändlern auseinander, das nicht nur Klicks, sondern ganze Bewegungsprofile und sogar biometrische Merkmale speichert, wie z. B.:

  • Standortdatenverlauf und Bewegungsprofile: Beliebte Apps – von Spielen bis Dating – geben teils minütlich Standortdaten an Datenhändler wie Gravy Analytics weiter. Daraus entstehen detaillierte Bewegungsprofile: Arztbesuche, politische Treffen, private Verabredungen. 2024/25 wurden mehrere dieser Firmen von US-Behörden sanktioniert FTC-Report
  • Gesichtserkennung: Firmen wie Clearview AI haben Milliarden Fotos aus dem Internet gesammelt, biometrische Profile erstellt und in Polizeidatenbanken integriert. In Europa kassierten sie Millionenstrafen EDPB-Bericht.
  • usw. …

So findest du heraus, was ein Teil des Netzes über dich weiß

  1. Google My Activity – Hier kannst du sehen, welche Aktivitäten (z.B. Suchanfragen, besuchte Websites und angesehenen Videos) Google von dir speichert.
  2. Off-Facebook Activity – Hier kannst du sehen, welche externen Webseiten und Apps Meta-Daten an Facebook übermitteln.
  3. Have I Been Pwned – Hier kannst du prüfen, ob deine E-Mail-Adressen/Passwörter in Hacks oder Leaks auftauchen.
  4. Data Broker Watch – Größte öffentlich zugängliche Datenbank von Datenbrokern mit über 60 Datenpunkten zu 1.074 Diensten weltweit, inklusive Links zu den Opt-out-Formularen.
  5. Cover Your Tracks – Zeigt dir, wie eindeutig dein Browser identifizierbar ist.

Das kannst du tun, um dich vor allzu neugierigen Blicken von Datensammlern zu schützen

  • Standortfreigaben minimieren: Apps nur bei Bedarf Standort erlauben, in den OS-Einstellungen prüfen.
  • Auto-Löschung aktivieren: Google & Co. so einstellen, dass Suchverläufe, Standortdaten und App-Nutzung automatisch gelöscht werden.
  • Tracker blockieren: Browser-Erweiterungen wie uBlockOrigin oder Privacy Badger nutzen.
  • Passwort-Manager + 2FA: Jede Website, Plattform oder jeder Dienst bekommt ein eigenes, starkes Passwort.
  • Datensammler austricksen: Dummy-E-Mails, alternative Suchmaschinen (z. B. Startpage, DuckDuckGo) und private Browserfenster nutzen.

#TotalÜberwachtAberHappy? Du bist nicht allein auf deinem Sofa! Zwischen Tracking-Pixeln, Standortdatenhandel und biometrischer Gesichtserkennung kannst heute mit ein paar Klicks sehen, wie nackt du bist – und anfangen, dich wieder etwas anzuziehen.

Wir haben in den kommenden Monaten noch sehr viel mehr Tipps und Ratschläge gegen die Datensammelwut auf Lager. Damit du keinen unserer Beiträge aus der Serie „#TotalÜberwachtAberHappy – Wie wir freiwillig zur Ware werden“ verpasst, empfehlen wir dir, unseren Newsletter zu abonnieren:

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